martin steckte ein 2 euro stück in den dafür vorgesehenen schlitz des kassenautomaten. es war ein herrlicher tag. mittwoch, wenn ihn nicht alles täuschte.
für ihn unterschieden sich die tage lediglich durch die besucher des erlebnis-freibades, im wesentlichen. es war jetzt genau 9:30 uhr, und in einer viertel stunde würden die schülerinnen
der klasse 9a vom mädchengymnasium eintreffen. vorausgesetzt, es war wirklich mittwoch. da war er sich jedoch ziemlich sicher. er stellte seine tasche auf die ablage des eingangsbereiches und ging durch das drehkreuz.
auf der anderen seite angekommen, packte er seine lieblingssporttasche(oder "daddies little helper") wie er sie in seiner fantasie gern titulierte, und suchte sich einen schattigen platz in direkter nähe der umkleidekabinen.
für jenny war heute ein guter tag. bald würden ferien sein, und ihr schwarm folgte ihr seit kurzem auf instagram. die letzten monate waren für sie eine echte herausforderung. sie und ihre famile waren erst kurz vor schuljahresbeginn in den kleinen ort gezogen, und sie war nach wie vor die ausenseiterin in der klasse. ihr vater wurde versetzt, und so hatten sich die beiden familienoberhäupter dazu entschieden, dass die pendelei auf dauer keine lösung ist. sie und ihr 2 jahre jüngerer bruder teilten sich ein zimmer. eigentlich wurde ihr ein eigenes zimmer versprochen, jedoch war dies aus platzgründen vorerst noch in weiter ferne. ihr bruder litt an trisomie 21, welches im volksmund als "downsyndrom" geläufig ist. sie liebte ihren bruder abgöttisch, auch wenn er sehr anstrengend sein konnte. so sind 13 jährige jungs eben. seit dem zusammenleben auf engstem raum, kam es immer häufiger zu streitereien. meist waren es nichtigkeiten, um welche sich die auseinandersetzungen drehten. am gestrigen abend stritten sie sich vor dem zu bett gehen um die einschlafmusik, über welche sich die beiden nicht einigen konnten. am morgen redeten sie noch immer nicht miteinander. dies würde sich aber erfahrungsgemäß in den kommenden tagen legen, und der friede würde wieder hergestellt sein. sie überlegte, ihm etwas süßes vom laden mitzubringen. dieser lag ohnehin auf ihrem nachhauseweg.
martin stammte aus einer mittelschichtigen dorffamilie. seine eltern hatten ständig mit mit der armut zu kämpfen, da sein vater das meiste seines gehaltes in der örtlichen bar versoff und beim karten spielen verlor.
an den wochenenden kam er oft sehr betrunken nach hause und verlor sich in einer unbändigen wut. er schlug alles kurz und klein, und wenn seine frau versuchte ihre lieblingsornamente zu schützen, schug er auch sie.
nicht unhäufig so sehr, dass sie bewustlos in ihrem eigenen blut lag. martin stand, erwacht vom lärm in solchen situationen meist im rahmen seiner zimmertür und sah alles mit an.
eines abends, es war 2 tage nach seinem zehnten geburtstag, blieb er wach und wartete. um gegen 23 uhr hörte er erst den schlüssel in der tür, und dann das bereits vertraute scheppern der einrichtung.
seine mutter weinte laut. er hatte sie wieder geschlagen. er fühlte sich hilflos und schrecklich einsam. er wartete bis der vater zu bett ging, schlich sich im dunkeln an die zimmertür des elterlichen schlafzimmers und lauschte.
abgesehen vom lauten schnarchen seines vaters war nichts zu vernehmen. er fasste all seinen mut, ging zur küche und nahm sich ein messer aus dem holzblock auf der anrichte. er liebte diese küche... all die schönen erinnerungen aus seiner frühen kindheit, als sein vater noch nicht dem alkohol verfallen war. all das verlor über die jahre so sehr an wert, dass ihm zum weinen zumute war. manchmal kam es ihm so vor, dass all die wundervollen dinge nie geschehen wären. er griff das messer mit beiden händen, schlich zur schlafzimmertür, öffnete sie und trat ein. der schweiß lief ihm in die augen und er konnte für kurze zeit nichts sehen. es war fast so, als würde etwas außenstehendes ihn lenken. mit aller kraft, die er aufbringen konnte, rammte er das messer in die brust seines schlafenden vaters. dieser käuchte und bäumte sich auf, jedoch nur für einen moment. er fiel zurück auf das kissen und röchelte. martin zog das messer aus der brust seines sterbenden vaters und rammte es erneut mit aller kraft in seine rechte lunge. er hörte seinen vater gurgelnde geräusche machen. seine augen waren blutunterlaufen. nach wenigen sekunden erschlaffte des vaters körper, und er verweilte reglos auf seiner bettseite. seine mutter hatte alles mit angesehen, jedoch keinen ton von sich gegeben. "wir müssen ihn verschwinden lassen.... was hast du nur getan?! diese last hättest du nicht aufladen sollen". sie weinte still, versuchte ihm jedoch das gefühl zu geben, dass alles gut gehen würde. "du bist mein kleiner junge", tätschelte sie seinen kopf. ihre hand griff fest in seinen skalp. "ich liebe dich", flüsterte sie.
kessy war jennys beste freundin(sofern man das nach so kurzer zeit des kennens behaupten konnte), sie war die einzige in der klasse, die sie sofort akzeptierte, und die sich aus allen sticheleien und hänseleien der anderen heraus hielt.
"mach dir nichts daraus, die wissen es nunmal nicht besser", sagte sie am ersten gemeinsamen schultag. "ich bin kessy". "freut mich, dich kennenzulernen, mein name ist jenny".
sie teilten sich von anbeginn eine schulbank. kessy wusste um die schwärmerei, welche jenny für marc hegte. am heutigen tage war das getuschel besonders groß, als jenny ihr davon erzählte, dass er ihr nun auf insta folge. "ich weiß, ich habe es gesehen", kicherte kessy. "ich gratuliere"! marc ging in das staatliche gymnasium nebenan. in den pausen trafen sie sich manchmal zum rauchen in der geheimen raucherecke. "wirst du dich mit ihm treffen"? fragte kessy neugierig. "ich hoffe darauf, dass er mich fragt. er hat mich gestern angelächelt, als ich an ihm vorbei ging". "das hat er noch nie getan". "das wäre sooo toll", prustete kessy.
es waren noch 10 minuten bis zur pause, im anschluss war sport. heute stand schwimmen im freibad auf dem plan. keine der schülerinnen hatte so richtig lust darauf, da um diese zeit immer nur rentner im örtlichen freibad waren, und die meisten ekelten sich davor, dass diese hin und wieder (ob nun gewollt oder ungewollt) ins wasser pullerten.
sie nannten sie frech "die lebenden toten". wenn man noch so jung ist, ist man wohl schon mit mitte dreißig ein lebender toter für sie.
sie gingen geschlossen mit dem sportlehrer richtung freibad. jenny und kessy liefen etwas weiter abseits, um sich noch etwas zu unterhalten. "herr franjek" ist so ein ekel", sagte kesssy. "ja, er schaut mir immer auf den busen", erwiederte jenny. "bäääh, ekelhaft. kannst du dir vorstellen, wie es wäre, es mit ihm zu treiben?!". "iiiiiiiiiihhhhh", kreischte jenny. beide hatten auf diesem gebiet noch keine erfahrungen, waren aber sehr neugierig. die beiden kicherten vor sich hin, als sie schließlich als letze an der badeanstalt ankamen.
martin steckte sich eine zigarrette an. es war bereits die fünfte in kürzester zeit. er neigte in anspannung dazu, kette zu rauchen. "reiß dich zusammen", stammelte er vor sich hin. er hätte die cola vom kiosk nicht so schnell runterstürzen sollen. es war aber auch heiß heute. nun war ihm etwas übel, und sein magen krampfte sich in unregelmäßigen intervallen zusammen. "ich muss kotzen", dachte er, stand auf und sprintete zu den toiletten. auf dem weg dorthin rempelte kessy an, die zusammen mit jenny an der
damentoilette anstand. "pass doch auf, du spinner", schrie kessy. "so ein idiot" entfuhr es jenny. "ich muss besser acht geben... reiß dich zusammen, marty", dachte er, und betrat das leere herrenklo. dieses szenario war überall gleich. ob nun auf einem volksfest, oder in einem restaurant. die damentoilette war immer überfüllt, während das herrenklo meist sogut wie leer war. er drückte gegen die tür einer kabine, schloss sie hektisch hinter sich und erbrach sich in 3 großen schwallen.
jenny war nun an der reihe, und ging kurz nach kessy aufs klo. als sie fertig war, spülte sie ab, verlies die kabine und wusch sich die hände. "wollen wir uns eine umkleidekabine teilen", fragte kessy, die an der eingangstür auf jenny gewartet hatte. "na klaro" antwortete jenny mit schelmischer ironie.
martin spülte sich den mund aus und sprenkelte sich etwas kaltes wasser ins gesicht. reiß dich endlich zusammen! mahnte er sich selbst in gedanken. er verließ den toilettenraum und beowachtete, wie zwei mädels in einer umkleidekabine verschwanden.
er sah die tür zugehen. jetzt oder nie, dachte er. er schaute sich um... die luft war rein. er sprintete zur kabine und drückte gegen die tür. sie war noch nicht verschlossen.
kessy zog sich gerade ihr t-shirt über den kopf, als sie die tür aufgehen hörte. sie sah ihn als erstes durch die tür stürzen.
jenny war mit dem gesicht zur wand gedreht, als kessy einen kurzen gellenden schrei von sich gab. dieser verstummte nach einem bruchteil einer sekunde. martin schlug ihr mitten ins gesicht. ihre nase brach mit einem lauten knacken.
sie fiel auf alle viere und martin legte einen tritt in ihre rippen nach. "bleib liegen", flüßterte er ihr mit einem breiten grinsen zu. "was ist denn hier..." weiter kam jenny nicht. martin presste ihr seine große hand über mund und nase.
sie wehrte sich heftig. alles begann zu verschwimmen... ein hässliches gesicht drehte sich wie ein kreisel vor ihren augen. "shhhhhh", ließ martin verlauten. "gleich ist alles gut".
das gesicht vor ihren augen drehte sich immer schneller. sie dachte noch an den schokoladenriegel, den sie ihrem bruder nach der schule mitbringen wollte. er würde sich sicher freuen. sie konnte kaum erwarten, sein
wundervolles lachen zu sehen... ob marc sie wohl ansprechen würde?!... dann wurde alles schwarz.
martin stieg in sein auto, ließ den motor an und legte den ersten gang ein. im radio lief "midnight rambler" von den rolling stones. er drehte das radio lauter. der song war an der langsamen passage angekommen :
"well you heard about the midnight rambler" the one who closed the kitchendoor i ́m called hit-and-run reaper in anger the knife sharped tippie toe....
ein wohliger schauer umgab ihn. er fühlte sich lebendig. es war nun 11.14 uhr. er würde sich nun ein ausgiebiges frühstück am imbiss vor der einkaufsmeile gönne. heute war ein herrlicher tag.
ENDE